Sicherheitskonferenz West

Die Flutkatastrophe hat deutlich gezeigt, dass Notlagen und Zuständigkeiten nicht an Ländergrenzen haltmachen. Der russische Überfall auf die Ukraine zeigt, dass alle in Europa enger zusammenarbeiten müssen. Die DPolG Landesverbände Hessen, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz möchten mit diesem Positionspapier deutlich machen, dass im Föderalismus eine engere Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit zwischen den Bundesländern anzustreben ist.

 

- GEMEINSAM mehr erreichen – 

 

Zum zweiten Mal, diesmal im hessischen Frankfurt am Main, trafen sich die vier Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz, um verschiedene Positionen und gewerkschaftspolitischen Themen zu diskutieren und auszutauschen.

Viele gewerkschaftspolitische Themen sind länderspezifisch, aber auch länderübergreifend. Und genau darum geht es bei der Sicherheitskonferenz West. Gemeinsamkeiten verstärkt in den Mittelpunkt zu stellen.

Dafür wurden neue Themen aufgegriffen und gemeinsame Positionen aus dem früheren Treffen an die aktuelle Lage angepasst. Die nachfolgenden vier Themen wurden ergänzt: 

Geldautomatensprengungen (GAA) weiter auf Rekordniveau

Politisches Zögern gefährdet Bürger und Polizei – Innenministerkonferenz hat Chance vertan. 
 

Die Geldautomatensprengungen in Deutschland bleiben weiterhin auf hohem Niveau. Im Jahr 2021 gab es 392 Fälle, 2022 waren es schon inklusive der Versuche über 500. Im laufenden Jahr 2023 sind bereits (Stand Juni 2023) 267 Geldautomaten gesprengt worden. Nach wie vor bleiben Rheinland-Pfalz, NRW, Niedersachsen und Hessen Hauptziel der zumeist aus den Niederlanden stammende Täter. 

 

Die gefährlichen GAA-Sprengungen gehen ungehindert weiter - wenngleich in der Vergangenheit insbesondere in den Sommermonaten (Juli und August) sowie seit 2022 auch deutlich weniger Taten im April begangen wurden. Die IMK im Juni hat keine nennenswerten Verbesserungen herbeigeführt. Die Banken und Sparkassen machen nur teilweise an vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen auf Grundlage von Freiwilligkeit mit. Die Politik muss die Sparkassen und Banken gesetzlich geregelt in die Pflicht nehmen.  

 So zeigt sich, dass in den Niederlanden seit flächendeckender Implementierung eines Bargeldeinfärbesystems inklusive künstlicher DNA sich die Fallzahlen seit 2016 um  

90 Prozent reduziert haben. Umgesetzt werden konnte das nur durch gesetzliche Verpflichtung der Banken und Sparkassen durch den Staat. 

Darüber hinaus gäbe es effektivere Möglichkeiten in Bezug auf die Strafverfolgung. Durch die katalogisierte Erfassung der Individualnummern der Banknoten wird eine Dokumentation der Geldflüsse möglich, welcher Rückschlüsse auf die Täter und Täterstrukturen zulässt. Dies wäre technisch möglich, da die Geldscheine ohnehin maschinell erfasst und gelesen werden. Das würde die Banken und Sparkassen lediglich die „Unsumme“ von 15,- Euro kosten. Das Prinzip der Geldnachverfolgung ist in anderen Bereichen bereits unter dem Schlagwort „Follow the Money“ erfolgreich. 

Polizeiliches Analysetool

Hessen hat als erster das Analysetool HessenData vom Anbieter Palantir eingeführt. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, musste das Polizeigesetz in Hessen angepasst werden, damit das Analysetool wieder vollumfänglich genutzt werden kann. Mit der jetzigen Gesetzesänderung sind die ursprünglichen Mängel ausgeräumt. 

Das Analysetool ist ein zeitgemäßes Instrument der Kriminalitätsbekämpfung, egal ob Kinderpornografie, Wohnungseinbruch oder bei der Bekämpfung von politischem Extremismus und Terrorismus.  

Was sich in Hessen und NRW bewährt hat, sollte auch in anderen Bundesländern möglich sein. Die Nutzung solch gelagerte Analyse-Software stellt ein positives Beispiel der Einbindung digitaler Möglichkeiten in den polizeilichen Alltag dar. 

Bodycam

Wir begrüßen grundsätzlich eine flächendeckende Ausstattung mit Bodycams. Die Nutzung der Bodycam muss im Sinne der Kolleginnen und Kollegen zweckmäßig und effektiv stattfinden. Das Aktivieren muss nach wie vor anlassbezogen und situativ erfolgen. Für eine effektive Nutzung sind eine ausreichende Prerecording-Funktion, die Nutzbarkeit auch in geschlossenen Räumen sowie eine Live- Übertragungsmöglichkeit unabdingbar. 

Letzte Generation „Klimakleber“

Gesetzlich garantierte Freiheitsrechte sind nicht Spielwiese persönlicher Phantasien. Wer gegen Gesetze verstößt und seiner Meinung hierdurch Ausdruck zu verleihen versucht, indem er Straftaten begeht, der tritt dieses Recht mit Füßen.  
Das Blockieren von Straßen und Landebahnen ist keinesfalls ziviler Ungehorsam, sondern es sind eindeutig Straftaten. Klimaschutz gerät durch derartiges Handeln zur Nebensache, Aktivisten radikalisieren sich. Der Staat darf derartige Straftaten und die finanziellen Strukturen dahinter nicht dulden. Straftäter müssen zügig und hart bestraft sowie für alle Taten und finanzielle Schäden in Regress genommen werden, insbesondere für den polizeilichen Einsatz. 

Föderalismus – keine Konkurrenz zwischen den Ländern im Bereich der Inneren Sicherheit

Ziel sollte die Vereinheitlichung der Standards und Einstellungsvoraussetzungen sein, um die Bewerberlage in den Ländern sowohl qualitativ als auch quantitativ zu gewährleisten. Dazu zählt vor allem die Anhebung der Einstiegsämter der verschiedenen Laufbahngruppen, und zwar einheitlich länderübergreifend. Das gilt ebenso für eine identische Absicherung und Versorgung der Bewerberinnen und Bewerber und das gesamte Beamtenleben. 

Kritische Infrastruktur

Der Schutz der kritischen Infrastruktur wurde in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt. Die aktuelle weltpolitische Bedrohungslage führt die Schutzwürdigkeit der Kritischen Infrastruktur besonders vor Augen. Die Interventions- und Aktionsfähigkeit von Polizei und Sicherheitsorganen muss gewährleistet sein. Die dafür notwendige Vorsorge ist dringend und umfassend zu betreiben, hierzu gehören die Bereiche IT, Energie und Versorgung. Die Vorgehensweise in den Ländern ist zu vereinheitlichen und zu koordinieren. 

PKS- polizeiliche Kriminalstatistik

Erfahrungsparameter für die PKS müssen einheitlich sein, um eine Vergleichbarkeit zu schaffen. Die PKS bildet maximal 30 Prozent der Straftaten ab und beinhaltet nur ausgewählte Deliktsformen. Als amtliche Statistik kann sie daher naturgemäß nur das abbilden, was als Hellfeld der Kriminalität bezeichnet werden kann. Das Dunkelfeld bleibt unbeachtet.  

Wir brauchen daher eine echte Arbeitsstatistik, die realistisch und allumfassend den Gesamtkontext polizeilicher Sachbearbeitung abbildet. Die Wiedereinführung des periodischen Sicherheitsberichts ist daher obligatorisch. Er umfasste Inhalte aus amtlichen Datensammlungen der PKS und der Strafrechtspflegestatistiken. Eingeflossen sind wissenschaftliche Ergebnisse und Untersuchungen zu Erscheinungsformen der Kriminalität unter Berücksichtigung der Opferfürsorge. Der periodische Sicherheitsberichts wäre eine zielführende Ergänzung zur Beurteilung der Sicherheitslage in Deutschland. 

Tempolimit 130 km/h und Überholverbot für Lkw auf Autobahnen

Das Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Wir setzen uns für die Prüfung des Tempolimits 130km/h ein und beziehen uns dabei auf die Fachlichkeit unserer Verkehrskommissionen. Die politische Diskussion sollte schwerpunktmäßig hinsichtlich Zielführung und nachhaltiger Verkehrssicherheit geführt werden, nicht aus ideologischer Perspektive. Ergänzende und begleitende Maßnahmen wie ein generelles Überholverbot für Lkw auf Autobahnen, sowie ein mehr streifiger Fahrbahnausbau sind in eine solche Diskussion mit einzubeziehen. 

 

Freigabe von Cannabis

Der Freigabe von Cannabis wird klar widersprochen. Cannabis ist eine Einstiegsdroge, sodass durch die Legalisierung aller Cannabisprodukte die Ungefährlichkeit der Droge indiziert wird. Der Konsum führt nachweislich vermehrt zu Verkehrsdelikten, sowie zu einer Zunahme von psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Prävention ist und bleibt Kernelement in der Sucht- und Drogenprävention. Darüber hinaus braucht es in der Drogenpolitik einheitliche Grenzwerte. 

Beweislastumkehr

Eine „Beweislastumkehr“, bei der künftig die legale Herkunft unnatürlich hoher Geldvermögen bewiesen werden muss, um so die Geldquellen der Organisierten Kriminalität besser erkennen zu können, gibt es immer noch nicht. Ermittlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität sind aufwendig, zeit- und personalintensiv und stets verbunden mit der Auswertung umfangreicher Informationen. So „kratzen“ wir derzeit mit unserem verminderten Personaleinsatz halbherzig an der Oberfläche erkannter Strukturen, machen mal einen Hilfstäter oder Mitläufer dingfest, ohne die wirklichen Hintermänner, und deren meist internationales Geflecht, ernsthaft zu gefährden oder gar durchgreifend zu bekämpfen. 

Halterhaftung

Deutliche Synergien sehen wir bei unserer Forderung nach der Einführung der „Halterhaftung“ -, im europäischen Ausland ist sie Standard. In Deutschland dagegen ist eine Ahndung festgestellter Verstöße nur möglich, wenn dem Betroffenen der Verstoß individuell nachgewiesen wird. Dabei ist eine zweifelsfreie Identifizierung häufig nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand - oder gar nicht - möglich. Verkehrsüberwachung verliert erheblich an Wirkung, wenn festgestellte Verstöße nicht geahndet werden. Für die Fahrerermittlung wird zudem vielfach hochqualifiziertes Personal unterwertig eingesetzt, das dann in der eigentlichen Verkehrssicherheitsarbeit fehlt. Eine stringentere Normbefolgung ist im Verkehrsbereich nur zu erwarten, wenn Verstöße gegen die Rechtsordnung mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit sanktioniert werden. Die Einführung der Halterhaftung entspricht der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit.  

Die Halterverantwortlichkeit ermöglicht es der Polizei, sich den Aufgaben zu widmen, die sie mit ihrem qualifizierten Personal am besten erfüllen kann, z. B. „Geschwindigkeitsüberwachung mit Anhalten“. Renommierte Verfassungsrechtler haben keine Einwände gegen die Halterhaftung. 

 

Intelligente Videoanalyse im öffentlichen Raum

Videobeobachtung hat sowohl eine präventive als auch eine repressive Wirkung und führt zu verbesserten Aufklärungsergebnissen. 

Dem Bürgerwillen entsprechend ist die Videoüberwachung im öffentlichen Raum, wie das BDSG sie vorsieht, zu forcieren und auszubauen.1 Um diesem Willen zu entsprechen, bedarf es intelligenter Lösungen, die gewährleisten, dass aus einem Gesamtinformationsangebot das Wichtige herausgefiltert wird. Das kann die Intelligente Videoanalyse leisten. „Intelligenz“ hat an dieser Stelle die Bedeutung, aufgenommene Bilder hinsichtlich vordefinierter, sicherheitsrelevanter Ereignisse auszuwerten (sogenannte Mustererkennung). 

Videoanalyse soll auch vermehrt zum Schutz der kritischen Infrastruktur eingesetzt werden. 

 

 

 

Nur mit gesunden Mitarbeitern kann es eine gesunde und leistungsstarke Polizei geben

Der Polizeiberuf ist, unbestritten, ein besonders belastender Beruf. Das gilt für alle Bereiche der polizeilichen Arbeit, sowohl mit Bezug auf die körperliche als auch auf die psychische Gesundheit. Deswegen bedarf es weitergehender Maßnahmen und Anstrengungen, um die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten und zu fördern. 

Anzustreben ist daher eine länderübergreifende Datenerhebung, um festzustellen, wie erheblich diese Belastungen, die Lebenserwartung beeinflussen2. Notwendig sind umfassende Maßnahmen, wie zum Beispiel regelmäßige Präventionskuren und eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung. 

 

 

 

Zulagen bei der Besoldung

Zulagen müssen einheitlich, wertschätzend und dynamisch ausgestaltet werden. 

So müssen bereits eingeführte Zulagen, exemplarisch im Bereich Kinderpornografie, hierfür maßstabgebend sein. Diesbezügliche Ungerechtigkeiten müssen beseitigt werden, sodass gleichbelastende Tätigkeiten auch gleich entschädigt werden. Das gilt neben der Sachbearbeitung im Bereich Kinderpornographie beispielsweise auch für bestehende und noch einzuführende Zulagen für Bereitschaftspolizei, Tutoren/ Praxisausbilder, weitere belastende Tätigkeiten (wie Todesermittlungen), Spezialeinheiten und Observationsgruppen. 

 

Polizeizulage und Ruhegehaltsfähigkeit

Die Einführung einer einheitlichen Polizeizulage muss sich am derzeitigen Standard im Bund orientieren und stets ruhegehaltsfähig sein. 

 

DUZ – Dienst zu ungünstigen Zeiten

Seit Jahren völlig unangemessen niedrig sind die Sätze für den Dienst zu ungünstigen Zeiten. Die DPolG hat vielfach darauf hingewiesen, dass vergleichbare Belastungssituationen in Beschäftigungsverhältnissen der Wirtschaft, insbesondere zur Nachtzeit, in der Regel erheblich höher honoriert werden. Gegebenenfalls sind dazu steuerliche Regelungen anzupassen. Unabdingbar ist dabei eine Fortzahlung des DUZ bei einsatzbedingter Verlängerung der Nachtzeit.  

 

Einheitliche Personalvertretungsgesetze der Länder

Zur Verhinderung von Ungerechtigkeiten bei der Vergabe der Freistellungen ist ein einheitliches Gesetz nach Vorlage des BPersVG mit Minderheitenschutz und Vergabe der Freistellungen nach Stimmenanteil (d’Hondt bzw. Hare/Niemeyer), sowie einheitlichen Mitbestimmungstatbeständen anzustreben. 

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