Das Sparprogramm der Landesregierung hat bereits jetzt schon Folgen
für die Polizei und den Öffentlichen Dienst.
Weil im Februar dieses Jahres ‚mangels Masse' nicht genug Bewerber
bei der Polizei eingestellt werden konnten, sollte das Einstellungsdefizit
im September 2015 mit 442 Neueinstellungen aufgefangen werden.
Nach uns vorliegenden Informationen waren im Mai 2015 (Redaktionsschluß Polizeispiegel) gerade mal etwas über die Hälfte der geplanten Einstellungen erfüllt - inklusive „vorbehaltlich tauglicher“ Bewerber.
Das sind die ersten Auswirkungen der ungenügenden Konkurrenzfähigkeit des hessischen Öffentlichen Dienstes mit der freien Wirtschaft, aber auch mit anderen Bundesländern.
Die geplanten Maßnahmen in Hessen, wie Nullrunde für Beamte (wir bereiten dagegen bereits eine Klage vor), Verschlechterung, sprich weitere Absrtriche bei der Beihilfe, Stellenkürzungen und die mangelnde Wertschätzung des Polizeiberufs (von Sonntagsreden kann sich niemand etwas kaufen) angesichts immer schlechterer Rahmenbedingungen (rasant zunehmende Gewalt und Pöbeleien gegenüber Polizeizisten, immer umfangreichere Arbeitsfelder, neue, ‚moderne’ Kriminalitätsphänomene, steigender Terror durch Salafismus usw. ) sind die Gründe für die schlechte Bewerberlage.
Es wird mit dem Spruch geworben: ‚Polizei Hessen- viel erleben – viel erreichen.’
Da gehen mir bei ‚Viel erleben’ sofort Bilder durch den Kopf: Blockupy - schwarzer Rauch über der Stadt Frankfurt/Main, Pflastersteine-Bombardements, Bengalos und Molotow-Cocktails gegen Streifenwagen und Polizisten, brennende Streifenwagen, in denen Polizeibeamte saßen, Angriff auf ein Polizeirevier, Beleidigungen, Bespuckungen und vieles mehr.
Das ist heutzutage „Viel Erleben“ in der Praxis.
„Viel Erreichen“ bedeutet heute: mangelnde Wertschätzung durch Nullrunde. Eigentlich ist es eine Minusrunde, denn wer aufgrund des belastenden Dienstes seine Gesundheit wie bisher erhalten möchte, muss dafür mehr zahlen. Dabei ist es völlig egal, ob mehr Krankenversicherungsbeitrag gezahlt werden muss oder ein in der Höhe nicht verifizierter Eigenanteil an das Land Hessen, um drohende Leistungskürzungen bei der Beihilfe abzufedern.
Ja, man kann viel erreichen bei Hessens Polizei!
Die Landesregierung ist mittlerweile so verzweifelt, dass sie ein Schreiben an Kolleginnen und Kollegen richtete. Darin bittet sie darum, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in ihrem Bekanntenkreis und innerhalb ihrer Familien doch bitte für den Polizeiberuf werben sollen.
Hört man sich diesbezüglich im Kollegenkreis um, bekommt man (nicht nur hinter vorgehaltener Hand) sehr oft folgendes zu hören: „Die glauben doch nicht, dass ich angesichts der mangelnden Wertschätzung seitens der Politik so bescheuert bin, in meiner Familie beziehungsweise in meinem Bekanntenkreis für diesen Beruf zu werben!
Wie ist Hessen im Vergleich zu andern Bundesländern aufgestellt?
Beförderungssituation
In anderen Bundesländern ist die Beförderungssituation mittlerweile wesentlich besser. Das wollte Hessen, begonnen durch Inne
nminister Rhein, mit mehreren Stellenhebungsprogrammen ausgleichen. Doch das dringend erforderliche Programm wird vom jetzigen Innenministerium nicht weiter fortgeführt. Das in der Karriere Erreichbare ist deshalb sehr gering. Man kann davon ausgehen, dass Kolleginnen und Kollegen mit 1. Und 2. Fachprüfung mit A11 oder sogar mit A10 in Ruhestand gehen.
Gehaltsentwicklung
In den meisten Ländern werden die Tariferhöhungen auf die Beamten übertragen, Hessen bleibt stur bei der Nullrunde. Es ist bereits mehrfach belegt, dass wir schon lange von anderen Bundesländern und dem Bund bei der Gehaltshöhe abgehängt sind. Zuletzt haben wir in einem Schreiben an die Politik die These des besser bezahlten Polizisten in Hessen, gegenüber des Polizisten in NRW, eindrucksvoll und sachlich widerlegt.
Der Polizeikommissar im Bund verdient rund 90 Euro im Monat mehr als der Polizeioberkommissar in Hessen. Dazu kommt noch die Ruhegehaltsfähigkeit seiner Polizeizulage.
Der Wettbewerb unter den Ländern und mit dem Bund hat schon längst begonnen. Hessen verliert immer mehr. Hessen verkommt zum ‚Polizeiamateur’.
Ausbildungsbedingungen
Während in anderen Bundesländern eine zentrale Hochschule angeboten wird (mit der Möglichkeit der bezahlbaren Unterkunft), wirbt Hessen mit vier kostenintensiven Standorten ohne Unterkunftsmöglichkeiten. Während ein Kommissar-Anwärter (‚auf dem Hahn’) in Rheinland-Pfalz eine kostengünstige Unterkunft während seines Studiums hat, bezahlen hessische Kommissar-Anwärter im Rhein-Main-Gebiet für Ein- bis Dreizimmer-Wohnungen zwischen 350 und 500 Euro Kaltmiete. Da ist doch klar, wo man sich lieber zum Polizisten ausbilden läßt.
Wer Wertschätzung nur in Sonntagsreden und mit einem Schutzparagrafen 112 StGB in Verbindung bringt, hat nicht verstanden worum es geht. Es geht nicht mehr nur um die Motivation jeder Polizeibeamtin und jedes Polizeibeamten! Es geht um den gesamten Motor der hessischen Polizei und des Öffentlichen Dienstes!
Die DPolG Hessen wird weiter durch Protest, mittels Klagen und mittels einer intelligenten Öffentlichkeitsarbeit gegen die Sparläne der schwarz-grünen Regierung kämpfen.
Wir haben keine Skrupel und auch kein Problem, dass die hessische DPolG (erstmals in ihrer Geschichte) den Bediensteten des Öffentlichen Dienst und den Polizistinnen und Polizisten für die Kommunalwahl 2016 eine deutliche Wahlempfehlung gibt. Müssen wir den Boden unserer parteipolitischen Neutralität verlassen und für die Kommunalwahl 2016 ein deutliches Zeichen gegen Schwarzgrün setzen? Falls man uns weiter herausfordert, werden wir dies machen!
Wir hatten bis dato häufig engen Kontakt mit Politikern vor Ort in den Rathäusern, haben uns immer speziell zu Polizeithemen geäussert und tun dies auch aktuell. Müssen wir den Politikern noch deutlicher aufzeigen, welche Folgen ihre Kürzungsmaßnahmen (die sie gerne als ‚Sparmaßnahmen’ bezeichnen) bei der Polizei auf die Sicherheitslage vor Ort haben?
Ich grüße Sie herzlich
Ihr
Björn Werminghaus
Stellvertr. Landesvorsitzender